Gemeindechronik

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Gemeindechronik in neuer Hand: Michael Söllner

Kremsmünster schreibt Geschichte, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Damit wichtige Ereignisse, Weichenstellungen, Zeitzeugnisse auch nachfolgenden Generationen zugänglich sind, wird in unserer Marktgemeinde seit nun mehr fast einhundert Jahren eine Gemeindechronik geführt. Dicke, liebevoll von Hand geschriebene Bücher werden am Gemeindeamt gut verwahrt und geben allen Interessierten Einblicke in die jüngere Geschichte unseres Ortes. Viele verdiente Persönlichkeiten haben sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe in der Vergangenheit angenommen. Zuletzt sammelte Sigi Kristöfl Bedeutsames aus dem Leben und der Entwicklung unserer Marktgemeinde. Ein großes Danke für seine gewissenhafte Arbeit. 

Mit Mai 2020 übernimmt Michael Söllner die Führung der Gemeindechronik. In Absprache mit Bürgermeister Gerhard Obernberger, Kulturreferentin Dr. Dagmar Fetz-Lugmayr und Amtsleiter Mag. Reinhard Haider wird die digitale Chronikführung beibehalten und um zusätzliche Medien erweitert. Historisches, wie alte Aufzeichnungen, Bücher, Objekte etc. werden sprichwörtlich entstaubt. Durch eine verbesserte Zugänglichkeit, soll die jüngere Geschichte unserer Gemeinde allen Interessierten, der Heimatforschung und wissenschaftlichen Recherchen bestmöglich zur Verfügung stehen.

Auch neue Formate werden angedacht. Um Erinnerungen wachzurufen und längst Vergessenes vor den Vorhang zu holen, planen wir, in den Gemeindenachrichten regelmäßig Funde aus dem Archiv zu präsentieren. Auch überregionale Plattformen, wie die bekannte Topothek, sind von Interesse. 

Michael Söllner ist in Steyr und Wien aufgewachsen und derzeit Mitarbeiter der OÖ Landes-Kultur GmbH. Wer ihn kennt, kennt ihn als leidenschaftlichen Musiker, (Musik)Forscher und Sammler. Im Jahr 2006 führte ihn ein Jobangebot im Musikinstrumentenmuseum Schloss Kremsegg nach Kremsmünster, wo er seither gemeinsam mit seiner Frau Raffaela lebt. Seine Freizeit verbringt er – wie könnte es anders sein – mit der Restaurierung von Blechblasinstrumenten, der Fotografie, der Natur und seiner – laut eigenen Worten – „Großbaustelle KTM Ponny“.

Wir wünschen dem neuen Chronisten der Marktgemeinde Kremsmünster viel Freude und Ausdauer bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe und dürfen gespannt sein, welch vergessene Schätze und neue Blickwinkel aus dem Archiv ans Tageslicht kommen.

Die Chronisten

Die Chronisten sind Geschichtsschreiber "im wahrsten Sinne des Wortes", keine Geschichtenschreiber. Literarische Fähigkeiten erwartet niemand von ihnen (obwohl manche sie haben), einen genauen Blick für die Geschehnisse eines Ortes aber schon (den haben sie alle). Eine leserliche Handschrift ist eine Grundvoraussetzung. Am liebsten wird mit Tinte und in Schreibschrift geschrieben. Jahr um Jahr tragen sie in die dicke Chronik ein, besonders fleißige - oder wenn viel geschieht - Monat für Monat.

Begonnen hat alles mit einem Erlass der Landesregierung, der jeder Gemeinde "die Anlage einer Chronik" nahegelegt hatte. 1928 wagte sich Medizinalrat Dr. Julius Lengenfelder, einer der besten Freunde von Franz Hönig, ans Werk. Sein Nachfolger war Wenzel Grimus. Zeitgleich mit den beiden arbeitete in der Gemeinde Kremsmünster-Land der pensionierte Sekretär Franz Wühl als Chronist. Nach dem Zusammenschluss der zwei Gemeinden "arbeitslos" geworden, notierte er in seinen Büchern Tag für Tag Frontberichte. Ab 1953 führte der Postamtsdirektor i.R. Isidor Aichinger die Chronik. Er war auch als Leiter der Ortsbücherei "amtsbekannt".

Nach seinem Tod 1969 übernahm der damalige Grundbuchführer des hiesigen Bezirksgerichts und jetzige Richter in Steyr, Dr. Werner Baumschlager, die Aufgabe. Frau Luise Neubauer begann 1986. Sie wurde zur warmherzigen Gestalterin und genauen Chronistin der Partnerschaft Kremsmünsters mit der italienischen Gemeinde Palestrina. Frau Neubauer legte nach der letzten Seite des dicken zweiten Chronikbandes 1996 ihr Amt zurück. Kurz blieb es vakant, bis Ernst Dobetsberger dafür gewonnen werden konnte. Er absolvierte als Chronist sozusagen eine "Bilderbuchkarriere": in der Öffentlichkeit bekannt und geschätzt als Sänger und Mundartleser, Lehrer und Direktor, wird er sich jetzt - nahe dem Ruhestand - sozusagen zurückziehen und seine milde Aufmerksamkeit dem gesamten Kremsmünsterer Geschehen widmen. Er wird der Chronist des 21.Jahrhunderts. Nicht zuletzt, weil er über das Beobachten, Sammeln und klassische Schönschreiben hinaus die Ereignisse auch EDV-mäßig bearbeiten muss.

2011 übernahm Sigi Kristöfl die Führung der Gemeindechronik und folgt damit Ernst Dobetsberger nach. Bisher bestand die Chronik aus schönen, vielfach alten, handgeschriebenen Büchern, die mit Zeitungsausschnitten und Fotos ergänzt wurden. In Zusammenarbeit mit Bürgermeister Gerhard Obernberger, Kulturreferentin Mag. Elisabeth Krenhuber und Amtsleiter Mag. (FH) Reinhard Haider wurde eine neu Art der Chronikführung vereinbart, die auf elektronischen Medien aufbaut, aber der Subjektivität des jeweiligen Chronisten ausreichend Raum gibt: Chronist Mag. Siegfried Kristöfl beschreibt in einem Word-Dokument mit Fotos das Gemeindegeschehen. Eine Medienbeobachtung wurde bei der APA in Auftrag gegeben In einem eigenen Raum im Rathaus werden alle Bestandteile der Gemeindechronik gesammelt und bei Bedarf nach Rückfrage auch öffentlich zugänglich gemacht. Mit modernen Mitteln wird in Zukunft die Vergangenheit gewürdigt und nachvollziehbar gemacht.

Historisches Online-Archiv: Die Topothek Kremsmünster geht online

Das Jahr 2020 schreibt seine eigene Geschichte. Darüber hinaus wollen aber auch Gemeinden ihre Geschichte(n) nicht vergessen bzw. besser zugänglich machen. Mit den herkömmlichen Mitteln wie Papier und Chronikbüchern ist das nicht so einfach und der klassische Chronist ist eine aussterbende Spezies. Umso mehr boomen die digitalen Möglichkeiten. Hier ragt ein Projekt besonders hervor, die niederösterreichische Entwicklung „Topothek – Unsere Erinnerung“, ein Online-Archiv welches lokal betrieben wird. 200 Gemeinden in Österreich, darunter 46 in Oberösterreich (hauptsächlich im Mühlviertel), präsentieren ihre lokale Geschichte zeitgemäß und digital. 

Am 21. Dezember 2020 ging auch die Topothek Kremsmünster online. Der Ansatz von Bürgermeister und Kulturreferentin war, die Gemeindechronik unter dem Motto der Topothek „Unsere Geschichte, unser Archiv“ vom neuen Chronisten Michael Söllner ab sofort zusätzlich digital darstellen zu lassen und auch eine rückwirkende Erfassung unter Beteiligung der Bevölkerung zu forcieren. Was immer von geschichtlicher Bedeutung sein mag, soll hier für die Nachwelt digital aufbewahrt werden. Ein Scan oder Foto genügt. Das Original selbst und alle Rechte daran bleiben beim Eigentümer, die Topothek stellt es lediglich zur Schau. „Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Auch die ältere Generation ist auffällig fit im Internet unterwegs und immer mehr Leute sind immer schneller zu erreichen. Das hat die Marktgemeinde Kremsmünster bestärkt, mit ihrer Plattform https://kremsmuenster.topothek.at/ online zu gehen“, erklärt dazu der Chronist und Archivar Michael Söllner.

Eine virtuelle Sammlung, auf der unter Mitarbeit der Bevölkerung (Crowdsourcing) lokalhistorisches Wissen und Material auch aus privaten Händen erschlossen wird – so könnte man die Topothek kurz und bündig charakterisieren. Miteinfließen sollen Bilder, Dokumente, Objekte, Texte sowie Audios und Videos. Örtlichkeiten u.a. werden bei Bedarf auch verlinkt. Die simpel gehaltene Dateneinspeisung und das schnelle Auffinden von Ereignissen, Orten und Personen sind das große Plus dieses Portals!

Mithilfe der Topothek möchte man die vergangene Welt zeigen, die Emotionen der Bevölkerung ansprechen und somit zum Bewahren und Mitmachen animieren: „Aja, den habe ich auch gekannt“ oder „Von diesem Tag gibt es noch Fotos? Da war ich ja selber dabei“. Die Leute sollen sich damit identifizieren können! Das Prozedere ist einfach: Wer interessantes historisches Material gerne der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und zugänglich machen möchte, wendet sich an die Topothekarin oder den Topothekar (im Fall von Kremsmünster, an den Gemeindechronisten). Als einfache Regel sollte gelten: Interessant ist alles, was sich bereits verändert hat. Oder auf jeden Fall, was älter als 15 Jahre ist. Die historischen Dokumente verbleiben nach dem Digitalisieren bei den Besitzern.

Persönliche Informationen und Anmerkungen zu den Materialien sind besonders interessant und erwünscht, wie etwa scheinbar unwesentliche Details, die vielleicht außer dem Besitzer eines Bildes niemand mehr weiß. Ein altes Foto vom Markplatz, das ohne besonderen Anlass gemacht wurde – also ohne Kirtag, ohne das neue Auto, ohne dem Besuch des Großonkels aus Amerika –, bietet immer einen seltenen und spannend Einblick in die Welt von damals. Gerade den Alltag, die Normalität, zu dokumentieren, ist der Topothek mehr Anliegen als die ohnedies oft gut dokumentierten Ereignisse. Innerhalb der Topothek können z. B. auch Aufrufe zur Identifizierung von Personen bzw. Örtlichkeiten gestartet werden.

Wir haben Ihr Interesse geweckt und Sie haben Lust bekommen, beim Aufbau bzw. kontinuierlichen Befüllen der Topothek Kremsmünster mitzuarbeiten? Unser Chronist, Michael Söllner, freut sich über Ihre Kontaktaufnahme unter chronik@kremsmuenster.at bzw. können Sie sich auch gerne diesbezüglich telefonisch am Gemeindeamt melden.